„… mein Behagen und meine Heiterkeit wuchsen von Seite zu Seite“ - Richard Schaukal und das Theater

Cornelius Mitterer

Abstract


1. Schaukals vergessene Theaterstücke
    Zu Richard Schaukals (1874-1942) Gesamtwerk, das von Stilvielfalt zeugt und
experimentelle Formen wie den gattungsvarianten Dandy-Roman Andreas von Balthesser
(1907) einschließt, gehören lediglich fünf Dramen, die allesamt in seine frühe Schaffensperiode
fallen: 1894 verfasste Schaukal sowohl Brautmorgen (1902 gedruckt) als auch Die Rückkehr.
Einer, der seine Frau besucht datiert auf 1895/96 (1902 gedruckt), das Fragment Scenen aus
einer Gesellschaft junger Leute schrieb der junge Dramatiker 1896 (1902 gedruckt) und
Vorabend 1901. Darüber hinaus existieren noch zwei lyrisch-dramatische Skizzen aus dem Jahr
1893: Werdet hart und Pierrot. Ein Mysterium (1896 gedruckt). Vermutlich wurde keine dieser
dramatischen Arbeiten je in Szene gesetzt, sie liegen aber im Druck vor.

    Die meist auf den österreichischen Raum begrenzten Literaturgeschichten sowie die ab
den 1990er Jahren sich intensivierende Schaukal-Forschung erinnern vorderhand an den
Lyriker, Erzähler, Essayisten oder Übersetzer, jedoch kaum an den Dramatiker aus Brünn, der
mit Thomas Mann, Hermann Hesse, Arno Holz und vielen weiteren Autoren der Zeit in regem
Kontakt stand (Girardi; Zeyringer und Gollner 413-416). Einen thematischen wie inhaltlichen
Überblick über Schaukals Theaterstücke liefert die Dissertation von Gernot Ludwig aus dem
Jahr 1948. Auch wenn Schaukals Theaterwerk wenig Beachtung fand und er die
Dramen-Produktion bereits nach seinem 27. Lebensjahr wieder einstellte, zogen ihn Bühne und
Bühnenautoren Zeit seines Lebens in den Bann. Schaukal räumte dem Schauspiel in seiner
autobiographischen Selbstdarstellung seit frühen Kinder- und Jugendtagen einen wesentlichen

Platz ein:

  • Seit der Kindheit [stand ich] mit dem Theater in genießender Verbindung, da ich sehr

häufig in die im Stadt-Theater abonnierte Loge mitgenommen ward … und allmählich …
warf ich mich … auf die dramatische Schriftstellerei und schrieb als Sechzehn- und
Siebzehnjähriger zwei oder drei Dramen … des neuzeitlichen Daseins …, die eine mir vom
Hörensagen bekannte brüchige Ehe zum Gegenstand hatte, dem naturalistischen Stil der
Zeit gemäß. (58-59)

  • Die Leitung des Burgtheaters und Ernennung zum Bundestheaterverwaltungs-Präsident

sollen Schaukal angetragen worden sein, wie er beteuert (15), doch der dichtende Beamte
bekleidete keine dieser Positionen. Im Zentrum der folgenden Ausführungen stehen Schaukals
dramenästhetische Bezugspunkte und die Frage, warum er die Theaterproduktion nach 1900
einstellte.


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